Pride Month: Physiotherapie für Transgender-Patient:innen

Ein wichtiger Teil der LGBTQIA-Community sind Transgender-Personen. Und da unser Motto bei synaptos „Praxissoftware mit Haltung“ lautet, zeigen wir diese Haltung den ganzen Juni über auch, wenn es um das Thema Gleichberechtigung und Rechte von Mitgliedern der LGBTQIA-Community geht! Denn der Juni ist offizieller #PrideMonth🏳️‍🌈!

Speziell Transgender-Personen bedürfen häufig physiotherapeutischer Behandlungen vor und nach der Transition bzw. der geschlechtsangleichenden Operation. In diesem Blogbeitrag setzen wir uns deshalb ausführlich mit dem Thema Transgender & Physiotherapie auseinander.

Was bedeutet „transgender“ oder trans*?

Transgender beinhaltet zwei Wortteile: einerseits das lateinische Wort „trans“ und andererseits den englischen Begriff „gender“. Die Bezeichnung kam in den 1970er Jahren auf, als trans* Personen in der Öffentlichkeit sichtbarer wurden.

Der Begriff „gender“ kommt, wie erwähnt, aus dem Englischen und bezeichnet das sozial zugewiesene Geschlecht. „trans“ ist Latein und bedeutet „hin zu“, „hinüber“ oder „jenseits“.

„Transgender“ bezeichnet also jene Menschen, die sich nicht mit ihrem bei der Geburt zugewiesenen, biologischen Geschlecht identifizieren können. Das biologische Geschlecht stimmt also nicht mit der Geschlechtsidentität, mit der jemand wahrgenommen werden möchte bzw. wie sich eine Person selbst fühlt, überein.

  • Ein Transmann ist demnach ein Mann mit angeborenen weiblichen Geschlechtsmerkmalen und männlicher Geschlechtsidentität.
  • Eine Transfrau ist somit eine Frau mit angeborenen männlichen Geschlechtsmerkmalen und weiblicher Geschlechtsidentität.

Spezielle (gesundheitliche) Herausforderungen von Transgender-Personen

Für Transgender-Personen gibt es im Alltag viele verschiedene Herausforderungen. Von der Stigmatisierung und Diskriminierung, mangelnder Empathie und Toleranz bis hin zu ermüdenden Behördenwegen – das Leben ist für sie des Öfteren ein wahrer Spießrutenlauf.

Nicht zu diesen Herausforderung zählen sollte jedoch die adäquate medizinische & therapeutische Versorgung von Transmännern & Transfrauen. Unglücklicherweise tendieren Transgender-Personen jedoch aufgrund von verständlicher Angst diskriminiert, stigmatisiert und nicht ernst genommen zu werden, dazu, erst verspätet ärztlichen bzw. therapeutischen Rat in Anspruch zu nehmen. Vielfach mangelt es auch an der entsprechenden Sensibilisierung und Ausbildung von Mediziner:innen, Therapeut:innen & Co. im Bereich der Trans* Medizin.

Vor allem die Physiotherapie ist aber ein zentrales Feld, wenn es um das Wohlbefinden und den Umgang mit dem „neuen“ Körper bzw. die Vorbereitung auf die geschlechtsangleichende Operation geht.

Zentrale physiotherapeutische Problemstellungen für Trans* Personen sind beispielsweise:

  • Geschlechtsdysphorie, die zu Haltungsänderungen führt: gerundete Schultern, nach vorne gerichteter Kopf, thorakale Kyphose
  • Atemprobleme und Beckenbodenprobleme, die auf eine unzureichende Aktivierung des Zwerchfells als Folge einer schlechten Körperhaltung zurückzuführen sind
  • Komplikationen im Harntrakt, einschließlich Inkontinenz, Harndrang oder häufiges Wasserlassen

Physiotherapie für Trans* Personen

Für die genannten Körperbereiche und die speziellen Problemstellungen, die sich für Transmänner und Transfrauen aus physiotherapeutischer Sicht daraus ergeben, müssen Physiotherapeut:innen sensibilisiert & ausgebildet werden, was in der Vergangenheit noch nicht ausreichend der Fall.

Was können Physiotherapeut:innen konkret machen bzw. wo wird ihre Expertise benötigt?

Das Kompetenzzentrum Beckbodentherapie Köln hat dies auf seiner Website ausführlich und verständlich zusammengefasst:

„Vor allem vor einer Angleichung FzM (Frau zu Mann) oder MzF (Mann zu Frau) steht die Wahrnehmung des Beckenbodens und besonders die Entspannungsfähigkeit dieser Muskelgruppe im Fokus. Wenn die empfundene Identität mit den körperlichen Merkmalen nicht zusammen passt, distanzieren wir uns von diesem Körperbereich. Dadurch verändert sich die Wahrnehmung für den Körperbereich Becken & Beckenboden. Die Folge dieser empfundenen Unstimmigkeit ist nicht selten eine Verspannung des Beckenbodens.“

Des Weiteren könne Physiotherapie dazu beitragen, eine bessere Wahrnehmung für Becken und neue Vulva / neuen Penis und Hoden zu bekommen.

Laut den Kölner Expert:innen für Beckenbodentherapie können aber auch folgende Beschwerden einer Transition durch physiotherapeutische Interventionen verringert werden:

  • die Behandlung von Rückenbeschwerden nach einer Brust-Amputation
  • die Behandlung sonstiger Beschwerden nach einer Hysterektomie oder „Total OP“
  • Krafttraining der Brustmuskulatur vor/nach dem Brustaufbau
  • die Behandlung von entstandenen operativen Narben

Portrait of smiling latino transgender man in black t-shirt and cap on purple background

Persönliche Erlebnisse einer Trans* Person in der Physiotherapie

Auch der Bundesverband der Physiotherapeut:innen Österreichs – die Physio Austria – hat sich mit dem Thema Transgender und Physiotherapie auseinandergesetzt und einer Transgender Person die Möglichkeit gegeben, ihre persönlichen Erfahrungen und Eindrücke zu schildern. So geschehen im Heft „inform“ (Ausgabe 03/Juni 2017) mit dem Themenschwerpunkt
„Gendermedizin in der Physiotherapie“.

Dort schildert der anonyme Autor seine Eindrücke wie folgt: 

„PhysiotherapeutInnen brauchen keine Berührungsängste
oder Verlegenheitsgefühle vor Transgender-Personen zu haben. Es handelt sich bei PatientInnen wie mir um gewöhnliche Menschen, die auch wie andere PatientInnen behandelt werden wollen. Wesentlich ist, dass PhysiotherapeutInnen den Anrede-Wunsch der PatientInnen respektieren. Wenn jemand zum Therapietermin erscheint und nicht ganz klar ist, ob es sich um Frau oder Herrn XY handelt, dann sollte in angebrachter Form nachgefragt werden, welche Anrede und welcher Name bevorzugt werden.“

Auf die Thematik der gendersensiblen und gendergerechten Ansprache für LGBTQIA-Patient:innen und weitere leicht umzusetzende Schritte, um die eigene Praxis zum „safe space“ zu machen, sind wir in unserem Blogartikel „LGBTQIA-Patient:innen in der Physiotherapie“ bereits eingegangen.

Tipps für Physios & Transgender-Patient:innen

Doch der Autor des Gastbeitrags im „inform“ vom Juni 2017 hat noch weitere wichtige Anliegen und Tipps für Physiotherapeut:innen, die Trans* Personen behandeln:

Höflich ist es, keine unangebrachten Fragen, die für die Behandlung ohnehin irrelevant sind, zu stellen. Eine despektierliche Rede über eine Transgender-Person – sowohl in ihrer An- als auch in ihrer Abwesenheit – wie zum Beispiel eine Bezeichnung der Person als Neutrum (»es«), ist in jedem Fall zu vermeiden. Unter Umständen ist es für PatientInnen unangenehm, sich zu entkleiden – zum Beispiel aufgrund von getragenen Epithesen oder Miederkleidung. Es ist wichtig, dass PhysiotherapeutInnen gut aufklären, wozu das Ablegen von Kleidung notwendig ist.“

Generell gilt jedoch seiner Meinung nach eine ganz einfach umzusetzende Regel: Wie in allen Lebenssituationen ist Respekt am wichtigsten: Bitte seien Sie aufgeschlossen und agieren Sie einfühlsam und mit Bedacht – wie im Umgang mit allen anderen PatientInnen auch.“

Sich aus Angst vor möglichen „Fehlern“ im Umgang mit Transgender-Patient:innen gar nicht mit der Thematik und der möglichen Hilfestellung, die durch Physiotherapie für sie geleistet werden kann und dringend benötigt wird, auseinanderzusetzen, wäre also der eigentliche Fehler.

Der synaptos Pride Month Schwerpunkt geht damit zu Ende. Dennoch werden wir uns auch in Zukunft und nicht nur anlassbezogen vermehrt mit Themen der LGBTQIA-Community im Therapiewesen beschäftigen, da es hier noch viel zu tun gibt.

Zusatzinfos:

Anonym: „Im anderen Körper. Mein Statement als Transgender-Person“, in: Inform (Ausgabe 03/ Juni 2017), Themenschwerpunkt
„Gendermedizin in der Physiotherapie“, S. 13-15.

Weiterführende Informationen:

Kompetenzzentrum Beckenbodentherapie Köln

LGBTQIA-freundliche Praxen:

https://queermed.at

https://queermed-deutschland.de/

 

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